Sogenannter Thermoakustik-Motor

Maschinentyp: Heißluftmotor; oft fälschlicherweise als “Thermoakustik-Motor“ bezeichnet.
In einem feuerfesten Reagenzglas befindet sich Stahlwolle.
Das Reagenzglas ist mittels einer Messingmuffe mit einem Glaszylinder (hergestellt aus einer Glasspritze) verbunden.
Der Kolben treibt über Pleuel und Kurbel das Schwungrad an.
Am zylinderseitigen Ende der Stahlwolle wird mit einem Spiritusbrenner geheizt.
Daten: Innendurchmesser Reagenzglas: 13,8 mm
Länge Reagenzglas: 135 mm
Durchmesser Kolben: 16,1 mm
Kolbenhub: 22 mm
Konstruktion: Nach diversen Vorlagen im Internet
Gebaut: Gerd Niephaus
Anfang 2018

Das letzte Bild zeigt den Aufbau des Motors: Ein feuerfestes Reagenzglas (gelb) ist durch eine Messingmuffe (grün) mit Zylinder (gelb) und Kolben (blau), hergestellt aus einer gläsernen Injektionsspritze, verbunden. Im Reagenzglas befindet sich Stahlwolle (rot). Die Stahlwolle wird an der bezeichneten Stelle mit einem Spiritusbrenner beheizt. Über ein Pleuel (grün) wird die Kurbel (hellgrün) und damit die Kurbelwelle angetrieben.

Hier ein kurzes Video vom Lauf des Motors: Sogenannter Thermoakustik-Motor


Mich interessierte die Funktionsweise dieser sogenannten „Thermoakustik-Motoren“. Das war letztlich auch der Grund, warum ich diesen Motor gebaut habe.

Man findet im Internet einige Erklärungsversuche zu der Funktionsweise dieses Typs von Heißluftmotoren. Ich halte die mir bekannten Erklärungsversuche für unzutreffend. Daher hier drei Überlegungen bzw. Feststellungen.

1) Es wird bei der Erklärung der Funktionsweise durchweg mit Schwingungen oder stehenden Wellen argumentiert. Nun muss man sich vor Augen halten, dass ein Zusammenhang zwischen der Schallgeschwindigkeit, der Frequenz und der Wellenlänge von Schallwellen existiert: Schallgeschwindigkeit = Frequenz * Wellenlänge. Die Schallgeschwindigkeit beträgt in Luft ca. 350 m/Sekunde. Mein Motor läuft mit knapp 300 Umdrehungen/Minute; das entspricht einer Frequenz von ca. 5 Hz. Daraus ergibt sich eine Wellenlänge von 70 m. Was bedeutet das?

a) Wir haben bei diesem Motor Abmessungen von ca. 100 bis 200 mm; dies ist sehr klein gegenüber der Wellenlänge. Bei einer Schallwelle ist der Abstand zwischen einem Punkt konstanten Druckes und einem Punkt maximaler Druckänderung ¼ der Wellenlänge; d.h. hier mehr als 17 Meter. Oder anders ausgedrückt: auf der hier vorliegenden Länge von 100 - 200 mm ändert sich der Druck praktisch nicht; zu jedem Zeitpunkt herrscht an jeder Stelle in der Maschine der gleiche Druck. Es gibt keine thermoakustischen Schwingungen/Wellen in der Maschine mit einer Frequenz von 5 Hz.

b) Auch das Argument, dass die thermoakustischen Schwingungen von wesentlich höherer Frequenz sind, zieht nicht. Damit eine thermoakustische stehende Welle in dem kurzen Rohr entstehen könnte, wären Frequenzen von um die 1000 Hz notwendig. Diese Welle müsste natürlich in einer definierten, konstanten Phasenlage zu der Kurbelschwingung von 5 Hz stehen, damit der Motor angetrieben wird. Man würde dann natürlich deutliche Resonanzen bei bestimmten Motordrehzahlen erwarten, wenn die Frequenz der Motordrehung mit der Frequenz der stehenden Welle in einem festen, ganzzahligen Verhältnis steht. Diese Resonanzen beobachtet man nicht. Daher: es gibt keine thermoakustischen Effekte hoher Frequenz, die dem Antrieb dienen, in der Maschine.

2) In allen mir bekannten Erklärungsversuchen wird betont, dass die Blende, die den Durchlass zwischen Zylinder/Kolben und Reagenzglas einengt, von wesentlicher Bedeutung ist für die Funktionsweise: sie sorge dafür, „dass Schwingungen reflektiert werden“ bzw. „stehende Wellen entstehen“. Ich konnte mir das nicht so recht vorstellen; ich habe daher die Blende bei meinem Motor komplett entfernt. Es gibt bei meinem Motor keine Blende (Einengung) zwischen Reagenzglas und Zylinder. Den Motor scheint das nicht sonderlich zu stören; er läuft einfach (siehe Video).

3) Ich habe probeweise einmal die Stahlwolle aus dem Reagenzglas entfernt und versucht, durch Heizen an der Stelle wie zuvor mit Stahlwolle den Motor zum Laufen zu bringen. Ich habe das nicht geschafft; ich hatte vielmehr den Eindruck, dass beim Schwingverhalten des Motors (Schwingungen beim Anstoßen der Kurbelwelle) kein Unterschied zum ungeheizten Zustand zu erkennen war. Mir scheint daher, dass die Stahlwolle nicht Effekte verstärkt, sondern essentiell für die Funktion des Motors ist.

Fazit ist für mich, dass der Motor nichts mit Thermoakustik zu tun hat. Da müssen ganz andere Effekte wirksam sein. Um der Funktionsweise beizukommen, habe ich den Motor mit einer Messeinrichtung zur Aufnahme eines Druck-Kolbenweg Diagramms versehen.