Fluidyne


Fluidyne, was ist das denn? Im englischen Sprachraum spricht man auch von einer “Liquid Piston Stirling Engine“, also einer “Flüssigkolben Stirling Maschine“. Das Prinzip der Flüssigkolben Stirling Maschine wurde im Jahre 1970 durch Colin D. West, E. H. Cooke-Yarborough und J. C. H. Gleisow zum Patent angemeldet (Quelle /1/). Im Unterschied zum “gewöhnlichen“ Stirling Motor werden durch die Flüssigkolben Stirling Maschine keine Drehbewegungen erzeugt, die Maschine dient vielmehr zum Pumpen von Flüssigkeiten. In der Patentschrift werden etliche mögliche Ausführungsformen der Maschine beschrieben. Ich will mich hier jedoch auf die eine Bauform beschränken, die ich benutzt habe. Im Bild 1 ist das Prinzip dieser Bauform dargestellt.

Bild 1

In Bild 1 ist auf der linken Seite ein U-Rohr zu sehen, dessen beide Schenkel durch ein Verbindungsrohr gasdicht miteinander verbunden sind. Der linke Schenkel wird in dem eingezeichneten Bereich gekühlt, der rechte Schenkel in dem eingezeichneten Bereich beheizt. Das U-Rohr ist wie dargestellt mit Wasser gefüllt. Diese Wassersäule bildet bei der Flüssigkolben Stirling Maschine den Verdrängerkolben. Wenn diese Wassersäule in dem U-Rohr oszilliert, wird durch das Verbindungsrohr die Luft über der Wassersäule zwischen dem heißen und dem kalten Teil des U-Rohres hin und her bewegt. Die Luft dehnt sich dabei aus oder zieht sich zusammen, d.h. der Druck der Luft und damit auch der Druck im Wasser variiert. Dies hat jedoch keine Auswirkungen auf die Oszillation der Wassersäule, da der Druck in beiden Schenkeln des U-Rohres gleich ist.

Im unteren Teil des beheizten Schenkels des U-Rohres ist die Abstimmsäule („Arbeitskolben“) angeschlossen, in Bild 1 auf der rechten Seite zu sehen. Die Abstimmsäule ist hier verkürzt dargestellt. Durch die Druckschwankungen im U-Rohr wird auch das Wasser in der Abstimmsäule zum Oszillieren angeregt. Die Oszillationen werden maximal, wenn die Oszillationsfrequenzen im U-Rohr und in der Abstimmsäule möglichst gleich sind. In dem Buch von Colin West „Liquid Piston Stirling Engines“ (Quelle /2/) sind Berechnungsformeln für die Oszillationsfrequenzen im U-Rohr und in der Abstimmsäule angegeben. Es ergibt sich bei den von mir gewählten Abmessungen des U-Rohres eine Länge der Abstimmsäule von ca. 4,5 Metern. Daher hier die verkürzte Darstellung.

Ohne die Abstimmsäule würden die Oszillationen im U-Rohr wegen der Reibung innerhalb des Wassers sofort aufhören. Die Schwingungen in der Abstimmsäule bewirken, dass durch Rückkopplung auch die Oszillationen im U-Rohr aufrecht erhalten bleiben. Damit hat man ein oszillierendes System bestehend aus U-Rohr (Verdrängerkolben) und Abstimmsäule (Arbeitskolben), wobei im Wasser Druckschwankungen auftreten. Diese Druckschwankungen werden zum Betrieb der eigentlichen Pumpe ausgenutzt.

Die Pumpe ist am Anfang der Abstimmsäule eingekoppelt. Über einen 4-Wege Verteiler ist die Saug- und die Druckleitung der Pumpe mit der Abstimmsäule verbunden. In der Saug- und Druckleitung befindet sich je ein Rückschlagventil. Die Durchflussrichtung der Ventile ist durch Pfeile in Bild 1 angedeutet. Die Funktion der Pumpe ist einfach zu erklären. Herrscht im System ein Unterdruck, so wird Wasser über die Saugleitung aus dem Wasserbehälter angesaugt. Das Rückschlagventil in der Druckleitung sperrt. Herrscht ein Überdruck im System, wird Wasser in die Druckleitung befördert, das Rückschlagventil in der Saugleitung sperrt.

Ich habe die Fluidyne auf einem vertikalen Brett aus Birke Multiplex mit den Abmessungen 400 x 400 mm aufgebaut. Bild 2 zeigt die fertige Maschine.

Bild 2

Rechts in Bild 2 sieht man den aus dem U-Rohr gebildeten Verdrängerzylinder mit dem Brennerhaus für den Spiritusbrenner. Links daneben ist die Pumpe gebildet aus dem 4-Wege Verteiler und den beiden Rückschlagventilen angeordnet. Ganz links befindet sich die Abstimmsäule (Arbeitszylinder).

Bild 3

In Bild 3 sieht man den Verdrängerzylinder im Detail. Das U-Rohr des Verdrängerzylinders ist aus 15 mm Kupferrohr und T-Stücken überwiegend weich zusammengelötet. Nur im rechten oberen Teil des U-Rohres, der ja beheizt wird, habe ich mit Silberlot gelötet. Der kalte Teil des U-Rohres ist aus einem Duranglasrohr (ein Stück aus einem Reagenzglas) gefertigt. Dadurch können die Oszillationen im U-Rohr beobachtet werden. Das Verbindungsstück zwischen den beiden Schenkeln des U-Rohres besteht aus 8 mm Kupferrohr. Dieses Kupferrohr ist mit Silikonschlauch-Stücken angeschlossen. Der Schlauch mit Stopfen unten links sowie die Verschlussstopfen oben links und rechts dienen zum Befüllen, Entleeren und Belüften des Systems. Für das Funktionieren der Fluidyne im Betrieb sind sie ohne Bedeutung. Unten rechts ist die Abstimmsäule („der Arbeitszylinder“) angeschlossen. Das Bild 4 zeigt die Konstruktion des Anschlusses der Abstimmsäule im Detail.

Bild 4

Das Bild 5 zeigt den Spiritusbrenner, der zum Aufheizen des heißen Schenkels des U-Rohres dient, zusammen mit dem Brennerhaus. Das Brennerhaus sorgt für ein gezieltes Zuführen der aufgeheizten Luft an den heißen Schenkel des U-Rohres.

Bild 5

Bild 6 zeigt die eigentliche Pumpe. Unten sieht man den Plexiglas Wasserbehälter, aus dem die Pumpe fördert. Der Auslauf der Pumpe oben ist durch durchsichtiges Kunststoffrohr bis in den Wasserbehälter abgedeckt, um ein Verspritzen des Wassers zu verhindern. In der Mitte sieht man den Anschluss der Pumpe an die Abstimmsäule über den 4-Wege Verteiler, darüber und darunter je ein Rückschlagventil. Auf der linken Seite des Bildes erkennt man auch die Abstimmsäule. Wegen der Länge von ca. 4,5 m ist sie als Schlauch aufgewickelt auf einen Aluminium Spulenkörper ausgebildet.

Bild 6

In Bild 7 ist die Konstruktion eines Rückschlagventils zu sehen. Ober- und Unter-Teil sind aus POM gedreht. Die beiden POM-Teile sind durch ein Stück Duranglas verbunden. Das Glasrohr wird durch O-Ringe gegen die POM-Teile abgedichtet. Als Ventil dient eine Edelstahlkugel. Die Durchlassbohrung im unteren POM-Teil ist kegelförmig ausgedreht, damit die Edelstahlkugel zentriert wird.

Bild 7

Zur Aufnahme des Betriebs wird das gesamte System (U-Rohr und Abstimmsäule) möglichst vollständig mit Wasser gefüllt. Natürlich muss im oberen Teil des U-Rohres ein Luftraum verbleiben. Nach dem Entzünden des Spiritus Brenners dauert es ca. 5 Minuten, bis die Maschine mit dem Pumpen beginnt. Im Gegensatz zum normalen Stirling Motor ist die Fluidyne also selbst anlaufend. Die Maschine oszilliert mit einer Frequenz von ungefähr 1 Hz. Sie pumpt in 5 Minuten ca. 1 Liter Wasser.


Das folgende Youtube Video zeigt den Lauf der Maschine: Fluidyne


Quellen:

/1/ Britisches Patent No. 1329567

/2/ Colin D. West, Liquid Piston Stirling Engines, Van Nostrand Reinhold, New York, 1983